DEA04A - XX1 - K02 - Einsendeaufgabe SGD / ILS _ Note 1,0 !

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DEA04A - EPIK (TEIL 2)

Biete hier meine Ergebnisse an. Habe dafür die Note 1 erhalten.
Habe den Text dieser Lösung bereits etwas abgewandelt von meiner Lösung damit es nicht sehr auffällt wenn ihr euch inspirieren lasst.
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Hinweis:
Bitte wählen Sie zwei der unten abgedruckten Aufgaben aus und beantworten Sie die Fragen.
Als Arbeitszeit sollten Sie für jede Aufgabe etwa zwei Stunden veranschlagen.
Vermeiden Sie beim Schreiben Ihrer Antworten Wiederholungen. Formulieren Sie knapp, aber präzise, und benutzen Sie die in den beiden Studienheften zur Epik vorgestellten Fachbegriffe.
1. Aufgabe:
Aufgabenart: Textanalyse und Interpretation
Textbezug: Theodor Fontane: Irrungen, Wirrungen
Aufgaben:
a) Analysieren Sie den Textauszug im Hinblick auf die erzählerische Gestaltung.
[. . .]
b) Interpretieren Sie das Gespräch von Lene und Botho im Hinblick auf ihre darin erkennbare Situation.
[. . .]
Theodor Fontane: Irrungen, Wirrungen

Wirklich, der Mond stand drüben über dem Elefanten-
hause, das in dem niederströmenden Silberlichte noch phan-
tastischer aussah als gewöhnlich. Lene wies darauf hin, zog
die Mantelkapuze fester zusammen und barg sich an seine
5 Brust.
So vergingen ihr Minuten, schweigend und glücklich, und
erst als sie sich wie von einem Traume, der sich doch nicht
festhalten ließ, wieder aufrichtete, sagte sie:
„Woran hast du gedacht? Aber du mußt mir die Wahr-
10 heit sagen.“
„Woran ich dachte, Lene? Ja, fast schäm ich mich, es zu
sagen. Ich hatte sentimentale Gedanken und dachte nach
Haus hin an unsren Küchengarten in Schloß Zehden, der
genauso daliegt wie dieser Dörrsche, dieselben Salatbeete mit
15 Kirschbäumen dazwischen, und. ich möchte wetten, auch
ebenso viele Meisenkästen. Und auch die Spargelbeete lie-
fen so hin. Und dazwischen ging ich mit meiner Mutter,
und wenn sie guter Laune war, gab sie mir das Messer und
erlaubte, daß ich ihr half. Aber weh mir, wenn ich unge-
20 schickt war und die Spargelstange zu lang oder zu kurz
abstach. Meine Mutter hatte eine rasche Hand.“
„Glaubs. Und mir ist immer, als ob ich Furcht vor ihr
haben müßte.“
„Furcht? Wie das? Warum, Lene?“
25 Lene lachte herzlich, und doch war eine Spur von Ge-
zwungenheit darin. „Du mußt nicht gleich denken, daß ich
vorhabe, mich bei der Gnädigen melden zu lassen, und
darfst es nicht anders nehmen, als ob ich gesagt hätte, ich
fürchte mich vor der Kaiserin. Würdest du deshalb denken,
30 daß ich zu Hofe wollte? Nein, ängstige dich nicht; ich ver-
klage dich nicht.“
„Nein, das tust du nicht. Dazu bist du viel zu stolz und
eigentlich eine kleine Demokratin und ringst dir jedes
freundliche Wort nur so von der Seele. Hab ich recht? Aber
35 wie’s auch sei, mache dir auf gut Glück hin ein Bild von
meiner Mutter. Wie sieht sie aus?“
„Genauso wie du: groß und schlank und blauäugig und
blond.“
„Arme Lene“, und das Lachen war diesmal auf seiner
40 Seite, „da hast du fehlgeschossen. Meine Mutter ist eine
kleine Frau mit lebhaften schwarzen Augen und einer gro-
ßen Nase.“
„Glaub es nicht. Das ist nicht möglich.“
„Und ist doch so. Du mußt nämlich bedenken, daß ich
45 auch einen Vater habe. Aber das fällt euch nie ein. Ihr denkt
immer, ihr seid die Hauptsache. Und nun sage mir noch
etwas über den Charakter meiner Mutter. Aber rate besser.“
„Ich denke mir sie sehr besorgt um das Glück ihrer Kin-
der.“
50 „Getroffen …“
„… Und daß all ihre Kinder reiche, das heißt sehr
reiche Partien machen. Und ich weiß auch, wen sie für dich
in Bereitschaft hält.“
„Eine Unglückliche, die du …“
55 „Wie du mich verkennst. Glaube mir, daß ich dich habe,
diese Stunde habe, das ist mein Glück. Was daraus wird,
das kümmert mich nicht. Eines Tages bist du weggeflo-
gen …“
Er schüttelte den Kopf.
60 „Schüttle nicht den Kopf; es ist so, wie ich sage. Du liebst
mich und bist mir treu, wenigstens bin ich in meiner Liebe
kindisch und eitel genug, es mir einzubilden. Aber wegflie-
gen wirst du, das seh ich klar und gewiß. Du wirst es müs-
sen. Es heißt immer, die Liebe mache blind, aber sie macht
65 auch hell und fernsichtig.“
„Ach, Lene, du weißt gar nicht, wie lieb ich dich habe.“
„Doch, ich weiß es. Und weiß auch, daß du deine Lene
für was Besondres hältst und jeden Tag denkst: wenn sie
doch eine Gräfin wäre. Damit ist es nun aber zu spät, das
70 bring ich nicht mehr zuwege. Du liebst mich und bist schwach.
Daran ist nichts zu ändern. Alle schönen Männer sind
schwach, und der Stärkre beherrscht sie … Und der Stärkre
... ja, wer ist dieser Stärkre? Nun, entweder ists deine
Mutter oder das Gerede der Menschen, oder die Verhält-
75 nisse. Oder vielleicht alles drei … Aber sieh nur.“
Und sie wies nach dem Zoologischen hinüber, aus dessen
Baum- und Blätterdunkel eben eine Rakete zischend in die
Luft fuhr und mit einem Puff in zahllose Schwärmer zer-
stob. Eine zweite folgte der ersten, und so ging es weiter,
80 als ob sie sich jagen und überholen wollten, bis es mit einem
Male vorbei war und die Gebüsche drüben in einem grü-
nen und roten Lichte zu glühen anfingen. Ein paar Vögel
in ihren Käfigen kreischten dazwischen, und dann fiel nach
einer langen Pause die Musik wieder ein.
85 „Weißt du, Botho, wenn ich dich nun so nehmen und mit dir
die Lasterallee drüben auf und ab schreiten könnte, so
sicher wie hier zwischen den Buchsbaumrabatten,
und könnte jedem sagen: ‚Ja, wundert euch nur, er ist er und
und ich bin ich, und er liebt mich und ich liebe ihn‘, – ja, Botho,
90 was glaubst du wohl, was ich dafür gäbe? Aber rate nicht,
du rätst es doch nicht. Ihr kennt ja nur euch und euren Klub
und euer Leben. Ach, das arme bißchen Leben.“
„Sprich nicht so, Lene.“
„Warum nicht? Man muß allem ehrlich ins Gesicht sehn
95 und sich nichts weismachen lassen, und vor allem sich selber
nichts weismachen. Aber es wird kalt, und drüben ist es
auch vorbei. Das ist das Schlußstück, das sie jetzt spielen.
Komm, wir wollen uns drin an den Herd setzen, das Feuer
wird noch nicht aus sein, und die Alte ist längst zu Bett.“
100 So gingen sie, während sie sich leicht an seine Schulter lehnte,
den Gartensteig wieder hinauf. Im „Schloß“ brannte
kein Licht mehr, und nur Sultan, den Kopf aus seiner Hütte
vorstreckend, sah ihnen nach. Aber er rührte sich nicht und
hatte bloß mürrische Gedanken.

(aus: Theodor Fontane: Irrungen, Wirrungen. Reclam, Universal-Bibliothek Nr. 18741.)

2. Aufgabe:
Aufgabenart: Analyse und Interpretation einer Kurzerzählung
Lesen Sie den unten abgedruckten Text Sintflut von Günter Kunert aufmerksam durch und beantworten Sie die folgenden Fragen:
a) Charakterisieren Sie das Erzählverhalten, die Erzählhaltung und die Sprache des Erzählers.
[. . .]
b) Zeigen Sie, dass es sich bei Sintflut um eine Parabel handelt, und vergleichen Sie sie mit W. Schnurres Parabel Kaffeetrinken am Stadtrand (Text in DEA04A, Aufgabe 4.4) im Hinblick auf Thematik und Intention.
[. . .]
1 Günter Kunert: Sintflut (1975)

Die Sintflut beginnt unmerklich. Vorerst steigen die Flüsse um wenige
Zentimeter. Es regnet nicht einmal häufiger als sonst, aber anhaltender.
Und es dauert länger als nach früheren Güssen, bis das Wasser
5 wegsickert. Eines Tages verrinnt es gar nicht mehr, und die kleinen
Pfützen bleiben stehen. Die Industrie wird mehr Regenschirme
herstellen, mehr Gummistiefel, doch das sind die einzigen Maßnahmen,
die man trifft. Ein paar Wetterkundler weisen auf Merkwürdigkeiten im
Wetterablauf hin, nur versteht ihre wissenschaftliche Sprache kein
10 Mensch, und ihre Entdeckung wird sofort wieder vergessen.

Wenn die Flüsse über die Ufer steigen, wird man es dem jeweiligen
Landesfeind ankreiden, doch weil die Nachrichtenübermittlung nicht zu
verhindern ist, erfährt alle Welt von der synchronen Überschwemmung
vieler Gebiete der Erde.

15 Die Pfützen werden Tümpel, Teiche, Seen, die sich zu kleinen Meeren
zusammenschließen. Es wird hauptsächlich von einer vorübergehenden
Krise der Witterung gesprochen, von einer Verlagerung der Erdachse
oder Ähnlichem. Jeder Staat wird insgeheim Fachleute aus Venedig
anheuern, deren Erfahrung das wässriger werdende Leben erleichtern
20 soll. Die Bevölkerung, die sich bereits in die oberen Stockwerke der
Häuser zurückgezogen hat, wird von Booten aus versorgt und gewöhnt
sich langsam an den Zustand, denn es gehört zu den vornehmsten
Aufgaben einer Bevölkerung, sich an Zustände zu gewöhnen. Eine
bekannte Persönlichkeit prägt endlich den Satz vom „Leben mit dem
25 Wasser“, der bald in aller Munde ist.

Leider wird die Gewöhnung immer wieder gestört, und zwar durch das
Wasser selbst, das, von den vielen beruhigenden Zeitungsartikeln
unbeeindruckt, ständig weiter steigt. Weniger Kähne als gedunsene
Leichen treiben durch die Straßen, die beiderseits von den Dächern der
30 noch nicht abgesackten Gebäude markiert werden. Hunger greift um
sich, Seuchen, bitterste Not und bitterste Angst. Hubschrauber fliegen
über die aus den Wellen ragenden Reste und werfen Flugblätter ab, des
Inhalts, dass alles getan werde, das Unglück abzuwenden.

Gläubig lesen die Ertrinkenden die druckfeuchten Blätter. Den
35 Sterbenden hält man die Zettel vor die Augen, die der Tod schon trübt.
Von den Dächern der Wolkenkratzer spült die Flut die letzten
Lebenden, die niemals erfahren, daß eine Sintflut über sie gekommen.
Das zu verheimlichen, wird allen Beteiligten wichtiger sein, als in dem
zunehmenden Regen, in den schwellenden Bächen, den andauernden
40 Wolken die beginnende Katastrophe zu erkennen. Gewiß: Für eine
weitere Sintflut würde man nun viel besser vorbereitet sein, wenn man
nicht schon bei der ersten untergegangen wäre.

(aus: Günter Kunert: Der Mittelpunkt der Erde, München, 1975)

3. Aufgabe:
Aufgabenart: Textanalyse und Interpretation
Lesen Sie den unten abgedruckten Auszug aus dem Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge von Rainer Maria Rilke aufmerksam durch und beantworten Sie die folgenden Fragen:
a) Beschreiben Sie den Textaufbau und kennzeichnen Sie die Themen der Textteile.
[. . .]
b) Untersuchen Sie, mithilfe welcher sprachlicher und stilistischer Mittel der Erzähler sein Erleben gestaltet.
[. . .]
c) Begründen Sie, warum der Text thematisch und erzählerisch die Umbruchzeit um 1900 repräsentiert.
[. . .]
Anmerkungen zum Text:
Maison d’Accouchement: Entbindungsanstalt
Val-de-grâce, Hôspital militaire: Militärkrankenhaus mit Namen „Gnadental“
Jodoform: stark riechendes Desinfektionsmittel
starblindes Haus: es hat trübe, undurchsichtige Fenster
Asyle de nuit: Nachtasyl für Obdachlose
tais-toi, je ne veux plus: schweig, ich will nicht mehr

1 Rainer Maria Rilke: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1910)

Paris, 11. September, rue Toullier

So, also hierher kommen die Leute, um zu leben, ich würde eher
meinen, es stürbe sich hier. Ich bin ausgewesen. Ich habe gesehen:
5 Hospitäler. Ich habe einen Menschen gesehen, welcher schwankte und
umsank. Die Leute versammelten sich um ihn, das ersparte mir den
Rest. Ich habe eine schwangere Frau gesehen. Sie schob sich schwer an
einer hohen, warmen Mauer entlang, nach der sie manchmal tastete,
wie um sich zu überzeugen, ob sie noch da sei. Ja, sie war noch da.
10 Dahinter? Ich suchte auf meinem Plan: Maison d’Accouchement. Gut.
Man wird sie entbinden – man kann das. Weiter, rue Saint-Jacques, ein
großes Gebäude mit einer Kuppel. Der Plan gab an Val-de-grâce,
Hôspital militaire. Das brauchte ich eigentlich nicht zu wissen, aber es
schadet nichts. Die Gasse begann von allen Seiten zu riechen. Es roch,
15 soviel sich unterscheiden ließ, nach Jodoform, nach dem Fett von
pommes frites, nach Angst. Alle Städte riechen im Sommer. Dann habe
ich ein eigentümlich starblindes Haus gesehen, es war im Plan nicht zu
finden, aber über der Tür stand noch ziemlich leserlich: Asyle de nuit.
Neben dem Eingang waren die Preise. Es war nicht teuer.

20 Und sonst? Ein Kind in einem stehenden Kinderwagen: es war dick,
grünlich und hatte einen deutlichen Ausschlag auf der Stirn. Er heilte
offenbar ab und tat nicht weh. Das Kind schlief, der Mund war offen,
atmete Jodoform, pommes frites, Angst. Das war nun mal so. Die
Hauptsache war, daß man lebte. Das war die Hauptsache.

25 Daß ich es nicht lassen kann, bei offenem Fenster zu schlafen.
Elektrische Bahnen rasen läutend durch meine Stube. Automobile
gehen über mich hin. Eine Tür fällt zu. Irgendwo klirrt eine Scheibe
herunter, ich höre ihre Scherben lachen, die kleinen Splitter kichern.
Dann plötzlich dumpfer, eingeschlossener Lärm von der anderen Seite,
30 innen im Haus. Jemand steigt die Treppe. Kommt, kommt unaufhörlich.
Ist da, ist lange da, geht vorbei. Und wieder die Straße. Ein Mädchen
kreischt: Ah tais-toi, je ne veux plus. Die Elektrische rennt ganz erregt
heran, darüber fort, fort über alles. Jemand ruft. Leute laufen, über-
holen sich. Ein Hund bellt. Was für eine Erleichterung: ein Hund.
35 Gegen Morgen kräht ein Hahn, und das ist Wohltun ohne Grenzen.
Dann schlafe ich plötzlich ein.

Das sind die Geräusche. Aber es gibt hier etwas, was furchtbarer ist:
die Stille. Ich glaube, bei großen Bränden tritt manchmal so ein
Augenblick äußerster Spannung ein, die Wasserstrahlen fallen ab, die
40 Feuerwehrleute klettern nicht mehr, niemand rührt sich. Lautlos schiebt
sich ein schwarzes Gesimse vor oben, und eine hohe Mauer, hinter
welcher das Feuer auffährt, neigt sich, lautlos. Alles steht und wartet
mit hochgeschobenen Schultern, die Gesichter über die Augen
zusammengezogen, auf den schrecklichen Schlag. So ist hier die Stille.

(aus: R. M. Rilke, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge. In: ders., Lyrik und Prosa, Düsseldorf/Zürich 1999, S. 315–316)
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Weitere Information: 20.11.2024 - 13:40:34
  Kategorie: Abitur und Hochschule
Eingestellt am: 26.10.2022 von Sabsy
Letzte Aktualisierung: 26.10.2022
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Prüfungs-/Lernheft-Code: DEA04
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