1. Aufgabe:
Kaufmann K beschäftigt insgesamt zwölf Arbeitnehmer (ganztägig) und stellt am 1.1.2020 zusätzlich Frau F als Vertretung für die längere Zeit erkrankte Arbeitnehmerin A ein. Das Arbeitsverhältnis mit der neu eingestellten Arbeitnehmerin F wird zunächst bis zum 31.12.2020 befristet. Frau F war schon einmal bis zum 31.12.2015 bei K beschäftigt.
a) Frau F erhält nach drei Monaten Tätigkeit bei K ein wesentlich besser bezahltes Angebot und möchte deswegen bei K fristgerecht kündigen. Kann sie trotz der schriftlich vereinbarten Befristung das Arbeitsverhältnis vor Fristende kündigen? Eine Kündigungsfrist ist nicht vereinbart.
b) Im Oktober 2021 möchte K mit Frau F wieder ein befristetes Arbeitsverhältnis für ein Jahr vereinbaren. Dies vom 30.11.2021 bis 30.11.2022. Ein Grund für die Befristung wird nicht angegeben. Ist die Befristung wirksam?
2. Aufgabe:
Schlossermeister Kuno Knackig beschäftigt vier Angestellte. Anlässlich einer Besprechung am Morgen des 01.04.2016 widerspricht einer der Angestellten, Fridolin Freundlich, einer Anweisung von Kuno Knackig. Erbost über die Dreistigkeit des Angestellten Freundlich und nach einem Wutausbruch teilt er Freundlich mit, dass er gekündigt sei und sofort gehen könne.
Traurig steht Fridolin Freundlich zehn Minuten später an einer Bushaltestelle und stellt sich folgende Fragen:
a) Ist die Kündigung wirksam?
b) Kann Fridolin eigentlich für diesen Tag noch Gehalt verlangen?
c) Am 04.04.2016 erhält Freundlich ein Kündigungsschreiben zugestellt. Als Kündigungsfrist ist der 30.04.2016 angegeben. Fridolin Freundlich ist seit drei Jahren bei Kuno Knackig angestellt. Gründe für die Kündigung werden nicht genannt. Fridolin Freundlich ruft bei Kuno Knackig an, erhält aber nur die Auskunft, er dürfe auf keinen Fall mehr zur Arbeit erscheinen. Um auf andere Gedanken zu kommen, fährt Fridolin Freundlich erst einmal in einen Urlaub und kehrt erst am 26.04.2016 wieder heim. Als er dann die Kündigung wieder sieht, geht er am 27.04.2016 zum Arbeitsgericht und erhebt dort gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage.
Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?
d) Da sich Fridolin Freundlich neu bewerben will, möchte er ein qualifiziertes Zeugnis erhalten. Er ruft wieder bei Kuno Knackig an und fragt nach einem derartigen Zeugnis, erhält aber nur die Auskunft, er bekomme gar nichts, er habe ja geklagt.
Besteht ein Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis ?
3. Aufgabe:
G hat einen Betrieb zur Herstellung und Wartung von Heizungsanlagen. Die gewerblichen Arbeitnehmer sind in zwei Gruppen unterteilt: zwölf Monteure sind mit der Wartung von Heizungsanlagen beschäftigt und sechs Arbeitnehmer sind für den Bau von neuen Heizungsanlagen eingeteilt.
Da keine Neubauaufträge mehr vorhanden und in nächster Zeit auch nicht zu erwarten sind, kündigt G nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats allen sechs Monteuren, die neue Anlagen hergestellt haben. Einer von ihnen – nämlich A – hat hiergegen rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben und macht geltend, G hätte ihm nicht kündigen dürfen, sondern dafür den Monteur M aus der Gruppe der für die Wartung von Heizungsanlagen zuständigen Monteure entlassen müssen, denn M sei erst 28 Jahre alt, ledig und nur 9 Monate bei G beschäftigt. Dagegen sei er selbst schon 47 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder in der Berufsausbildung und sei schon seit einem Jahr bei G im Arbeitsverhältnis.
Dagegen wendet G ein, er könne auf M nicht verzichten, weil er der einzige Arbeitnehmer sei, der als gelernter Klempner und Installateur auch Gasheizungsanlagen warten, reparieren und herstellen darf. Dafür ist eine besondere Berufsausbildung nötig, die die anderen Arbeitnehmer in absehbarer Zeit auch durch Umschulung nicht erwerben können.
a) Ist die Kündigung des A in diesem Fall sozial gerechtfertigt?
b) Falls der Betriebsrat gegen die von G beabsichtigte Kündigung schon vorher Widerspruch erhoben haben sollte mit der Begründung, die soziale Auswahl sei nicht gewahrt (§ 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG), könnte A dann seine Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses verlangen?
4. Aufgabe:
Der Arbeitnehmer E ist aus der Betriebsratswahl als Ersatzmitglied hervorgegangen. 3 Monate später vertritt er auf zwei Betriebsratssitzungen ein Betriebsratsmitglied, das krank geworden ist. Die Vertretungszeit dauert 1 Monat.
Könnte der Arbeitgeber ihn nach Ablauf der Vertretungszeit – wenn Gründe hierfür vorliegen –
a) fristlos oder
b) fristgemäß entlassen?
5. Aufgabe:
Der Arbeitgeber A beschäftigt fünfzehn Angestellte. Einen davon will er nach einjähriger Tätigkeit wieder entlassen. Er kündigt ihm nach Anhörung des Betriebsrats fristgerecht. Dagegen erhebt der Angestellte zwei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage und macht geltend, er sei schwerbehindert. Dem Arbeitgeber war davon bisher nichts bekannt.
Ist die bereits ausgesprochene Kündigung unwirksam und muss der Arbeitgeber für eine neu auszusprechende Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes einholen, wenn
a) der Angestellte im Zeitpunkt der Kündigung nachweislich als Schwerbehinderter ohne Kenntnis des Arbeitgebers anerkannt war,
b) der Angestellte erst nach Zugang der Kündigung seine Anerkennung als Schwerbehinderter beantragt hat und darüber noch nicht entschieden ist? Muss der Arbeitgeber diese Entscheidung abwarten?