1. A bezieht Strom und Gas vom Energieversorgungsunternehmen B. Der konkurrierende Anbieter C macht dem A ein Angebot. A ist der Auffassung, dass die dortigen Konditionen für ihn wesentlich günstiger sind. A beabsichtigt daher, den Vertrag mit B zu kündigen. Er fertigt ein entsprechendes Schreiben und gibt es am 26.9. zur Post. Als seine Frau davon erfährt, bittet sie den A, die Kündigung zu widerrufen, da sie erfahren hat, dass C unseriöse Geschäfte tätigt. Am Mittag des 26.9. fertigt der A ein weiteres Schreiben, in dem er seine Kündigung widerruft. Er übersendet den Widerruf noch am gleichen Tag um 15.00 Uhr per Telefax an B. Das Telefax bleibt im Posteingang bis zum nächsten Tag liegen und wird dem Sachbearbeiter am 27.9. um 14.00 Uhr zugeleitet. Die schriftliche Kündigungserklärung hat der Postbote beim Energieversorgungsunternehmen am 27.9. um 08.30 Uhr in den Briefkasten geworfen, der Sachbearbeiter hatte das Schreiben bereits um 9.00 Uhr erhalten.
Prüfen und begründen Sie: Ist die Kündigung wirksam geworden?
2. Anton (A) ist langjähriger Kunde bei der B-Bank (B). Er schreibt der B, sie möge für ihn 100 Aktien der Piepenbrinck-AG kaufen. Wertpapierberater Wichtig (W) hat Zweifel an der Qualität der Papiere und lässt die Sache auf sich beruhen. Nach zwei Wochen bemerkt A das Unterlassen der B. Er fordert von der B Schadensersatz wegen Vertragsverletzung, da die Aktien mittlerweile um 20 Punkte gestiegen sind. B ist der Auffassung, es
fehle am Vertragsschluss für den Kauf der Aktien, da das Ange-bot des A von ihr nicht angenommen worden sei. Das Schweigen des W könne nicht als Willenserklärung gewertet werden.
Prüfen und begründen Sie: Ist zwischen A und B ein Geschäftsbesorgungsvertrag über den Kauf der Aktien zustande gekommen?
3. K hat von einem befreundeten Stadtratsmitglied (S) erfahren, dass im Bereich der Gemarkung „Hinterhausen“ alsbald Bauland erschlossen werden soll. K kauft daraufhin von Bauer V dort ein Grundstück von 2 000 Quadratmeter Ackerland in der Hoffnung,
die Ankündigung des S werde sich bald realisieren.
Einige Monate später stellt sich heraus, dass der Stadtrat seine ursprüngliche Planung wegen massivem Widerstand der Anlieger aufgegeben hat.
Prüfen und begründen Sie: Kann K den Kaufvertrag mit V wegen Irrtums nach § 119 Absatz 1 BGB anfechten?
4. K ist am Kauf eines Grundstücks interessiert, das dem V gehört. Nach zähen Verhandlungen verspricht V dem K während eines Gesprächs, ihm das Grundstück zu übereignen. Als K drei Tage später bei V anruft, entgegnet dieser, er habe sich die Sache nochmals überlegt und wolle vom Verkauf des Grundstücks Abstand nehmen. K ist der Auffassung, es sei ein wirksamer Vertrag geschlossen worden. Daher müsse V ihm das Grundstück übereignen.
Prüfen und begründen Sie: Hat K gegen V einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks?
5. A liest am 1.10. morgens in der Zeitung: „Mercedes 220 C, Baujahr 2002, 10 000,– €“. A schreibt noch am gleichen Tag an die angegebene Adresse des B, dass er den Wagen für den angegebenen Preis kaufen möchte. B lässt sich mit der Beantwortung Zeit und schreibt dem A am 15.11., dass A den Wagen sofort abholen könne. A findet den Brief in seinem Briefkasten. Da er sich am 14.11. bereits ein anderes Auto gekauft hat, ruft er den B an und teilt ihm mit, dass er kein Interesse mehr an dem Wagen habe. B besteht auf Abnahme des Wagens und Kaufpreiszahlung. A ist der Auffassung, es sei überhaupt kein Kaufvertrag zustande gekommen.
Kann B von A Abnahme des Pkw und Zahlung des Kaufpreises verlangen?
6. V ist Angestellter bei K. K beauftragt den V neue Büromöbel bei Händler H zu kaufen, jedoch nicht mehr als 10 000 € zu verauslagen. Als V das Geschäft des H betritt, ist er von der Vielfalt der Angebote begeistert. H bietet ihm hochwertige Designer-Möbel zum Kaufpreis von 30 000 € an. V hält dies für ein günstiges Angebot und denkt, dem K würden die Möbel bestimmt gefallen. Er unterschreibt daher im Namen des K einen entsprechenden Vertrag. Als K davon erfährt, verweigert er gegenüber H die Abnahme und Bezahlung der Möbel.
Prüfen und begründen Sie:
a) Kann H von K Erfüllung des Kaufvertrages verlangen?
b) Was kann H von V verlangen?