Auszug aus der ESA:
Fall 1:
Der Gartenartikelhersteller Scherer hat für die Produktion von Gartenscheren bei der Maschinenfabrik Fuchs einen neuen Schleifautomaten vom Typ 4711 für einen vereinbarten Kaufpreis von 100 000,00 € gekauft. Scherer hat nach Besichtigung der Maschine bei Fuchs zusammen mit Fuchs einen entsprechenden Kaufvertrag unterzeichnet und ein Exemplar des Kaufvertrages mitbekommen.
Die Maschine wird geliefert. Scherer hat den Kaufpreis von 100 000,00 € bezahlt. Eine Woche nach Lieferung der Maschine schreibt Fuchs an Scherer Folgendes:
„...lieferten wir Ihnen entsprechend des vereinbarten Kaufvertrages einen Schleifautomaten. Bei der Lieferung ist uns allerdings ein Versehen unterlaufen. Wir lieferten Ihnen nicht den von Ihnen besichtigten und gekauften Typ 4711, sondern ein durch zahlreiche Neuerungen verbessertes Modell mit derselben Typbezeichnung 4711, das laut unserem neuesten Katalog 110 000,00 € kostet. Da Sie den Schleifautomaten bereits in Gebrauch haben, kommt ein Umtausch nicht mehr infrage. Sie werden daher Verständnis dafür haben, dass wir um Zahlung weiterer 10 000,00 € bitten ...“.
Rückfragen bei Scherer und genauere Untersuchungen der neuen Maschine ergeben, dass die Angaben der Firma Fuchs zutreffend sind. Für Scherer, der den Schleifautomaten bei der Anlieferung der üblichen Eingangskontrolle unterzogen hatte, war bei Anlieferung nicht erkennbar, dass er statt des gekauften Schleifautomaten ein höherwertiges Modell erhalten hatte.
Deshalb ist Scherer nicht ohne weiteres bereit, 10 000,00 € nachzuzahlen. Er will Fuchs, mit dem er schon seit mehreren Jahren in Geschäftsverbindung steht, einen Teilbetrag anbieten, über dessen Höhe er sich noch im Unklaren ist. Vorher will er sich zunächst die Rechtslage klarmachen, um zu wissen, wie ein eventueller Rechtsstreit enden würde, falls eine Einigung mit Fuchs nicht möglich sein sollte. Er überlegt daher:
1. Hat Fuchs einen Anspruch auf Zahlung der geforderten 10 000,00 €?
Überlegen Sie zunächst, was zwischen den Parteien vereinbart worden ist. Wonach richten sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten? Was können Sie daraus ableiten? Muss Scherer die verlangten 10 000,00 € zahlen? Was würden Sie Fuchs raten und warum?
Fall 2:
Getränkehändler Brause ist im Anschluss an eine ergebnislos verlaufene geschäftliche Unterredung mit dem Konzertveranstalter Groß vor dessen Büro auf dem Flur gestürzt und hat sich dabei neben einem großen Schreck leichte Prellungen zugezogen. Außerdem wurde die neue Hose des Brause dabei so beschädigt, dass sie nicht mehr zu gebrauchen war. Ursache des Sturzes war eine von dem Sekretär des Groß aus Nachlässigkeit weggeworfene Bananenschale, auf der Brause ohne eigenes Verschulden ausgerutscht war. Einige Tage nach diesem Ereignis erhält Groß ein Schreiben des Brause, in dem dieser das Geschehen schildert und als Schadensersatz die Zahlung von 650,00 € fordert.
In seinem Schreiben formuliert Brause u. a.:
„... deshalb verlange ich als Ersatz für die beschädigte Hose 100,00 €. Die Kopie des Kaufbeleges über 100,00 € (Kauf war wenige Tage vor dem Sturz) füge ich in der Anlage bei.
... hinzu kommen 50,00 € Taxikosten. Die Kopie der Taxiquittung füge ich ebenfalls bei. Nach dem durch den Sturz bedingten Schreck war ich nicht mehr in der Lage, mit meinem eigenen Pkw nach Hause zu fahren.
... schließlich verlange ich 500,00 € für entgangenen Gewinn. Ich konnte am Tag nach dem Sturz verletzungsbedingt nicht in meinem Getränkehandel arbeiten. Meine Angestellten werden das bestätigen. Sie hatten an dem Tag ohne mich auskommen müssen. Wäre ich an diesem Tag selbst anwesend gewesen, wäre mein Tagesgewinn bestimmt um
500,00 € höher ausgefallen.“
Groß ignoriert das Schreiben des Brause, weil er der Ansicht ist, dass Brause keinerlei Ansprüche ihm gegenüber geltend machen kann, da zwischen ihm und Brause ja noch gar kein Vertrag zustande gekommen ist.
2. a) Was halten Sie aus rechtlicher Sicht von der Forderung des Brause? Hat Brause einen Anspruch gegen Groß? Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?