Fall 1:
Elektrohändler Lehmann wartet am 01.06. vergeblich darauf, dass die bei der Firma Groß bestellten fünf Bohrmaschinen geliefert werden. Am nächsten Tag erfährt er telefonisch von Groß, der für den 01.06. vereinbarte Liefertermin habe leider nicht eingehalten werden können, weil die Herstellerfirma mit ihrer Lieferung in Verzug geraten sei. Am 06.06. teilt Lehmann der Firma Groß telefonisch mit, er werde noch bis zum 07.06. auf die Lieferung der Bohrmaschinen warten. Nach Ablauf dieses Tages werde er vom Vertrag zurücktreten und zudem Schadensersatz verlangen. Da auch am 07.06. keine Lieferung erfolgt, erklärt Lehmann mit Schreiben vom 08.06. gegenüber der Firma Groß den Rücktritt vom Kaufvertrag und kündigt die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen an. Anschließend bestellt er die Bohrmaschinen bei einer anderen Firma zu einem höheren Preis. Die Differenz macht er anschließend als Schaden bei der Firma Groß geltend. Am 15.06. trifft die Lieferung der Firma Groß, fünf Bohrmaschinen, bei Lehmann ein. Lehmann verweigert die Annahme. Drei Tage später erhält Lehmann ein Schreiben der Firma Groß, mit dem die Firma Groß die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises für die fünf Bohrmaschinen – gegen Übergabe der Bohrmaschinen – verlangt und die Schadensersatzforderung des Lehmanns zurückweist. Zu Recht?
Fall 2:
Prokurist Bräsig ist bei der Stahl-AG als Einkaufsleiter unter anderem zuständig für den Ankauf von Eisenerz. Als die Stahl-AG wegen zurückgehenden Umsatzzahlen kein Eisenerz mehr benötigt, schreibt die Geschäftsführung im August an die bisherigen Erzlieferanten unter anderem: „... Da das Stahlgeschäft zurzeit rückläufig ist, bedauern wir Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir bis Ende dieses Jahres kein Eisenerz mehr bei Ihnen ankaufen können. Wir haben unseren Einkaufsleiter angewiesen, bis einschließlich Dezember dieses Jahres keine Einkäufe mehr bei Ihnen vorzunehmen ...“ Auch Bräsig erhält selbstverständlich die Anweisung, bis Ende des Jahres kein Eisenerz mehr einzukaufen. Dennoch schließt er im September einen Vertrag über den Ankauf von seiner Ansicht nach preisgünstigem Eisenerz für
500. 000,00 €. Die Geschäftsführung der Stahl-AG will den Kaufvertrag nicht anerkennen.
a) Wie ist die Rechtslage? Muss die Stahl-AG zahlen?
b) Wie wäre die Rechtslage, wenn Bräsig Handlungsvollmacht gehabt hätte?
Fall 3:
Der Kleingewerbetreibende (kein Kaufmann im Sinne des HGB!) Karl Möller überlässt aus Altersgründen seinen kleinen „Tante-Emma-Laden“ seinem Sohn Karl Möller Junior und zieht zusammen mit seiner Ehefrau nach Italien, um dort seinen Lebensabend zu verbringen. Sein Sohn Karl Möller führt das kleine Geschäft unverändert weiter. Einige Monate nach der Übernahme fordert ein Lieferant seines Vaters die Begleichung einer noch offenen Rechnung über 300,00 €. Die Lieferung war von Karl Möller Senior bestellt und auch an diesen zwei Monate vor Geschäftsübergabe geliefert worden. Karl Möller Senior hatte den Ausgleich der Rechnung völlig vergessen. Karl Möller Junior teilt dem Lieferanten auf dessen Mahnung hin mit, ihn gehe diese Rechnung nichts an. Er sei der Sohn, er habe die Lieferung nicht bestellt und die Schulden daher auch nicht gemacht. Es sei insbesondere auch unerheblich, dass er den Laden unter dem gleichen Namen fortgeführt habe, weil er ja auch Karl Möller heiße. Ist Karl Möller Junior verpflichtet, die 300,00 € zu zahlen?