"1. Herr Otto hat bisher ein glückliches Leben in Ahrensburg geführt. Er bewohnt ein Reihenhaus und ist sogar noch Eigentümer einer schicken Wohnung in Norderstedt, die er vermietet hat. Mieter ist Herr Kalk. Leider hat Herr Kalk in den letzten Monaten die Miete wegen behaupteter Mängel gekürzt. Daher möchte Herr Otto heute nach Norderstedt fahren, um die Angelegenheit mit Herrn Kalk Auge in Auge zu besprechen.
Auf dem Weg zum Parkplatz beobachtet er, wie Herr Lenne aus Siegen eine Kühlerfigur von seinem Auto abbricht und mit der Bruchkante den Lack zerkratzt. Herrn Lenne zur Rede stellend gelingt es ihm, dessen Namen und Anschrift zu erfahren.
Ahrensburg verfügt über ein Amtsgericht, es liegt im Landgerichtsbezirk Lübeck. Norderstedt verfügt über ein Amtsgericht, es liegt im Landgerichtsbezirk Kiel. Siegen ist Sitz eines Amts- und eines Landgerichts.
a) Angenommen, Herr Otto will die Mietrückstände in Höhe von 6 000 € einklagen. Welches Gericht ist sachlich und örtlich zuständig? Begründen Sie Ihre Antwort auch unter Angabe der maßgeblichen Normen.
b) Angenommen, Herr Otto will Herrn Lenne auf Schadensersatz in Höhe von 4 500 € verklagen. Welches Gericht ist sachlich und örtlich zuständig? Begründen Sie Ihre Antwort auch unter Angabe der maßgeblichen Normen.
c) Vor Gericht erklärt Herr Kalk, dass keine Mietrückstände bestehen. Er habe die Miete in bar monatlich Herrn Otto übergeben. Herr Otto erklärt, dass er die Mietzahlungen nicht in bar erhalten habe. Wer ist in Hinblick auf die Zahlung beweispflichtig? Welche Folge hat es, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Miete in bar gezahlt wurde?
2. Vor einem Prozess über die Mietrückstände macht Herr Kalk Herrn Otto ein Angebot. Herr Kalk offenbart Herrn Otto, dass er seit Jahren von der Fürsorge lebe. Bisher habe er sich das Geld für die Miete von verschiedenen Freundinnen zusammengeborgt.
Wenn Herr Otto die Mietrückstände fallen lässt, verspricht Herr Kalk, dass er nächsten Monat freiwillig ausziehen werde. Andernfalls müsse Herr Otto die Wohnung kündigen und auf Räumung klagen. Herr Otto empfindet das als Drohung. Droht in diesem Falle Herrn Otto außer der Mühe für die Klage ein Nachteil, wenn er auf Räumung klagen muss?
3. Was sind die Vorteile eines gerichtlichen Mahnverfahrens gegenüber einem Klageverfahren? Worin könnte ein Nachteil liegen?
4. Herr Otto überlegt nun, ob er – nach wirksamer Kündigung des Mietverhältnisses – gegen Kalk einen Vollstreckungsbescheid erwirken kann, um die Räumung der Wohnung durchzusetzen.
Ist diese Überlegung zielführend? Begründen Sie Ihre Antwort auch unter Angabe der maßgeblichen Normen.
5. Schließlich erlangt Herr Otto gegen Herrn Kalk ein Urteil auf Zahlung der ausstehenden Miete. Herr Kalk verweigert die Zahlung unter Hinweis darauf, dass er mittellos sei. Herr Otto glaubt ihm das nicht. Während Herr Otto nur ein zerkratztes
Auto besitzt, sieht er gelegentlich Herrn Kalk einen fliederfarbenen Nobelwagen lenken.
In der Wohnung des Herrn Kalk findet der Gerichtsvollzieher lediglich alte, gebrauchte Möbel und ein gebrauchtes Notebook, dessen DVD-Laufwerk mit einem Kaugummi nachhaltig versiegelt wurde. Herr Kalk benutzt den Computer ausschließlich zum Spielen.
a) Wird Herr Otto aus der Verwertung der Möbel oder des Notebooks Nutzen ziehen können. Begründen Sie Ihre Antwort.
b) Hat Herr Otto eine Möglichkeit herauszubekommen, ob Herr Kalk wirklich nichts anderes hat?
6. Herr Otto hatte sich entschlossen, Herrn Lenne in Siegen auf Schadenersatz zu verklagen. Das Amtsgericht Siegen ordnet für die mündliche Verhandlung das persönliche Erscheinen des Herrn Otto an. Warum macht das Gericht dies? Begründen Sie Ihre Antwort auch unter Angabe der maßgeblichen Normen.
7. Das Gericht schlägt vor, dass Herr Lenne Herrn Otto statt der geforderten 4 500 € 2 000 € Schadensersatz zahlt. Herr Otto könnte diesem Vorschlag wirtschaftlich näher treten. Er möchte aber lieber ein Urteil in der Hand haben, mit dem er dann auch die Zwangsvollstreckung einleiten kann. Muss Herr Otto auf ein Urteil bestehen, wenn er mit 2 000 € zufrieden ist?
Begründen Sie Ihre Antwort auch unter Angabe der maßgeblichen Normen.
8. Herr Otto betreibt eine kleine Baufirma. Zu seinen Kunden zählt eine GmbH. Nach einem Wasserrohrbruch hat er in einem Gebäude der GmbH Trockengeräte aufgestellt. Herr Otto ist Eigentümer der Trockengeräte, die nach zwei Wochen
wieder abgebaut werden sollen. Nun hört er, dass die GmbH in finanziellen Schwierigkeiten ist. Es stehen noch offene Rechnungen bei der Kundin aus.
a) Benennen Sie die Insolvenzgründe für eine GmbH.
Begründen Sie Ihre Antwort auch unter Angabe der maßgeblichen Normen.
b) Kann Herr Otto einen Insolvenzantrag für die GmbH stellen?
Begründen Sie Ihre Antwort auch unter Angabe der maßgeblichen Normen.
c) Welches Recht hätte Herr Otto in Hinblick auf die Trockengeräte im Falle der Insolvenz?
Begründen Sie Ihre Antwort auch unter Angabe der maßgeblichen Normen."